Gemeinde in der Normannenstraße

 

Bis zu Beginn der 1930er Jahre feierte die Gemeinde ihre Gottesdienste in einer Schulaula in der Koppenstraße 76, Friedrichshain. Diese hatte ca. 750 Plätze. Die Zahl der ständigen Gottesdienstbesucher war allerdings auf 900 Personen gestiegen, so dass es oft viele Stehplätze gab.


Nach langen Verhandlungen mit dem Magistrat wurde die Genehmigung für den Bau der Gemeinde Ost in der Normannenstraße 20 erteilt. Der Bau dauerte ein Jahr und war 1931 fertig gestellt. Dabei handelte es sich um einen Putz- und Klinkerverblendbau, der sich gut zwischen den benachbarten Wohnhäusern (Bruno Taut, Baujahr 1927-1928, nach Grundsätzen der Reformbewegung im Wohnungsbau der 1920er Jahre, „Licht, Luft und Sonne“), und dem Gebäude des zeitgleich errichteten Finanzamtes (1930-1932) einfügte. Der Entwurf stammte von Dipl.-Ing. August Nerlich. Er war ein Berliner Architekt und ab 1929 Magistratsoberbaurat.


Die Kirche hatte ca. 1.000 Plätze.


Am 2. August 1931 erfolgte die Einweihung.

Die Kirche war dabei so überfüllt, dass kein Abendmahl gefeiert werden konnte. [1]


Kirchengebäude der Gemeinde Berlin-Ost 1932.


Eingangsbereich Normannenstraße 20.



1937 hatte die Gemeinde 1.316 Mitglieder.


Eingangsbereich zur Kirche in der Normannenstraße, der linke Gebäudeteil trägt hinter der oberen Fensterreihe die Seitenempore, rechts vorn sind drei Wohnungen, der überragende Gebäudeteil beherbergte den Gesangsaal mit Dachterrasse.

Links der Grundstücksgrenze befindet sich die Zufahrt zum Gelände des Finanzamtes, später des MfS.



Linke Seite der Kirche,

im halbrunden Anbau war die Sakristei, im Vorbau am Langhaus war die linke Seitenempore.

Links im Hintergrund die Wohnhäuser von Bruno Taut.



1946: Gottesdienst mit Apostel Landgraf


1946 hatte die Gemeinde 1.530 Mitglieder.


In den 30/40er Jahren veränderte sich die Innengestaltung der Kirchen. Vor dem Zweiten Weltkrieg waren durchaus Weinkelche und Altarbilder üblich.

Weit verbreitet waren bildnerisch ausgeschmückte oder stilisierte Darstellungen der über dem Wasser aufgehenden Sonne mit dem Kreuz, sozusagen Vorläufer des Emblems, aber auch idealtypische Landschaften und biblische Szenerien. [2]


Festgottesdienst 1948: Blick auf die Chorempore und Orgel.



Festgottesdienst 1948 – Blicke in die Gemeinde.


1956 wurde die Kirche renoviert, der Spruch hinter dem Altar wich einer bildlichen Darstellung des kirchlichen Zeichens.



Oktober 1967: Gemeinde vor dem Gottesdienst.



Oktober 1967: Gemeinde und Chor vor dem Gottesdienst.


1968 erfolgte die Umbenennung der Gemeinde „Berlin-Ost“ in „Berlin-Lichtenberg“.

Die Gemeinde hatte 1.505 Mitglieder.



Schulchor 1968 mit internationalen Gastaposteln

Im Juni fand eine internationale Apostelversammlung in Dortmund statt. Einige ausländische Apostel reisten danach in die damalige DDR und nahmen an den beiden Festgottesdiensten in der Kirche Treptow teil.


Dazu zählten


  • Jeremiah Kaputengi Njamba – damals Nordrhodesien (heute Sambia),
  • Frederico Lewitus – Uruguay
  • John William Fendt sen. – USA
  • Hendra Tansahsami – Indonesien
  • Raden Yusak Wargomartoyo - Indonesien


Im Anschluss daran fand am 20.06.1968 ein festliches Schulchorsingen in der Kirche Berlin-Lichtenberg statt.


Der Schulchor beginnt.


Nach der Renovierung 1970: Blick von der rückwärtigen Empore zum Altar.

Nach der Renovierung 1970: Sicht auf die rückwärtige Empore, die vollständig vom Gemeindechor genutzt wurde.



Bereits seit Beginn der 1970er Jahre gab es Bestrebungen seitens des Ministeriums für Staatssicherheit, die eigenen Liegenschaften zu vergrößern. Die daraus resultierende Inanspruchnahme von bebauten Grundstücken betraf neben den denkmalgeschützten Wohnhäusern auch die Neuapostolische Gemeinde Berlin-Lichtenberg in der Normannenstraße.


Die Verhandlungen über einen Grundstückstausch zogen sich über Jahre hin. Anfangs versuchten die Behörden, die Kirche aus dem Stadtbezirk zu verdrängen, indem sie abgelegene Grundstücke am Stadtrand zum Tausch anboten. Nachdem die Verhandlungen aufgrund der für die Kirche unannehmbaren Standortvorschläge zum Stillstand gekommen waren, wurde eines Tages unvermittelt ein günstig gelegenes Grundstück im Stadtteil Lichtenberg angeboten. [3]


Bezirksapostel Pusch hielt seinen letzten Gottesdienst im Kirchengebäude Normannenstraße am Sonntag, den 17. Dezember 1978.

Die Gemeinde hatte 1.585 Mitglieder. [1]


Bild [4]

Schwarz-Weiß-Aufnahme vom Abriss der Bruno-Taut-Wohnhäuser an der Normannenstraße in Berlin-Lichtenberg. Im linken unteren Bildabschnitt ist ein großer Schutthaufen abgebildet. In der Bildmitte ist übrig gebliebenes Teil eines Taut-Wohnhauses zu sehen, das gerade in sich zusammenzufallen scheint. Große Risse befinden sich an den Wänden. Rauch dringt von unten nach oben sowie aus den Fenstern. Im Hintergrund sind weitere Wohnhäuser abgebildet. Bei dem Haus am linken Bildrand handelt es sich um ein weiteres Gebäude des Architekten Bruno Taut. Rechts unten im Bild ist die Fassade der neuapostolischen Kirche zu sehen. An der Wand ist ein Kreuz angebracht. [4]

Bild [4]


1979: Vorbereitung der Sprengung. Im linken höheren Gebäudeteil waren drei Wohnungen, darüber der Gesangsaal. Der Vorbau am Langhaus beinhaltete die rechte Seitenempore.

Wenige Tage nach dem Auszug der letzten Mieter aus dem Wohnhaus wurde die Kirche im April 1979 gesprengt.

Die in unmittelbarer Nachbarschaft liegenden Taut-Wohnhäuser waren bereits abgetragen. [4]


Quellen

[1] Gemeindechronik

[2] Andreas Vöhringer: Bilder aus der Vergangenheit - 150Jahre Neuapostolische Kirche, S. 39

[3] Günter Törner: Neuapostolische Kirche in der DDR - Dem Evangelium leben in einem sozialistischen Staat, S. 108ff

[4] BStU - https://www.stasi-mediathek.de/medien/abriss-der-bruno-taut-wohnhaeuser-zur-vorbereitung-des-baus-von-haus-18/blatt/9/

https://www.stasi-mediathek.de/suche/